Bruttoinlandsprodukt steigt dieses Jahr um voraussichtlich 1,0 Prozent und 2020 um 1,8 Prozent – Abschwächung der Weltwirtschaft belastet deutsche Exportindustrie in besonderem Maße – Beschäftigungsaufbau geht weiter, privater Konsum bleibt stark, Bauwirtschaft brummt – Überschüsse in öffentlichen Haushalten und niedriges Zinsniveau sollten für Zukunftsinvestitionen genutzt werden
Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in diesem und im kommenden Jahr mit soliden Wachstumsraten aufwarten. Zwar korrigieren die Berliner KonjunkturforscherInnen ihre Prognose für dieses Jahr im Vergleich zum Winter um 0,6 Prozentpunkte auf 1,0 Prozent nach unten – im Vergleich zu den meisten anderen Prognosen ist der Ausblick aber optimistisch. Die Prognose für das kommende Jahr bleibt unverändert bei einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 1,8 Prozent.
Zu den jüngsten Entwicklungen in Sachen Brexit äußert sich DIW-Präsident Marcel Fratzscher wie folgt:
Die Wahrscheinlichkeit eines harten Brexit ist mit der erneuten Ablehnung des Abkommens durch das britische Parlament gestern Abend weiter gestiegen. Ich erwarte nun, dass das britische Parlament sich für eine Verzögerung des Austritts ausspricht. Das reicht aber nicht: Europa ist kein Wunschkonzert, sondern kommt mit Rechten und Pflichten. Die Briten müssen schon einen guten Grund angeben, wieso sie denn den Austrittstermin am 29. März verschieben wollen. Die Unfähigkeit des britischen Parlaments und der Regierung, eine Entscheidung zu treffen, kann die EU als Begründung nicht akzeptieren. Die EU darf sich von britischer Regierung und Parlament nicht zum Narren halten lassen. Sie sollte zwar ihr Entgegenkommen signalisieren, aber auf ihre Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit pochen. Die EU sollte einer Verschiebung des Brexits nur dann zustimmen, wenn aus London ein klarer Plan für die Entscheidungsfindung vorliegt. Es gibt keinen Grund zur Panik für die Menschen in Deutschland. Denn selbst im Falle eines harten Brexit wird man sich auf Übergangslösungen einigen, die den größten Schaden abwenden werden. Die meisten Menschen in Deutschland werden einen harten Brexit kaum selbst zu spüren bekommen. Vereinzelt könnten Produkte teurer werden, aber dies sollte die Ausnahme bleiben. Einzelne Unternehmen und Sektoren, die besonders stark mit dem Vereinigten Königreich im Handel sind, werden darunter leiden. Ich erwarte aber keinen Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland durch den Brexit. Denn unsere deutsche Wirtschaft ist stark, auch wenn sie sicherlich einen Preis für den Brexit wird zahlen müssen.Marcel Fratzscher (Präsident des DIW Berlin), Claudia Kemfert (Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt), Karsten Neuhoff (Leiter der Abteilung Klimapolitik) und mehrere andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem DIW Berlin gehören zu den über 700 Forscherinnen und Forscher, die in einer deutschsprachigen Erklärung ihr Verständnis für die berechtigten Sorgen der weltweit für den Schutz des Planeten demonstrierenden Schülerinnen und Schüler („Fridays for Future“) kundtun.
Diese Stellungnahme legt wissenschaftlich begründet dar, dass die derzeitigen Maßnahmen zum Klima-, Arten-, Meeres- und Bodenschutz bei weitem nicht ausreichen. Um die international vereinbarten Ziele zu erreichen, muss wesentlich schneller gehandelt und müssen dringend viel wirksamere Maßnahmen ergriffen werden. „In allen deutschsprachigen Ländern werden beim Umbau der Bereiche Energie, Ernährung, Landwirtschaft, Ressourcennutzung und Mobilität die notwendige Größenordnung und Geschwindigkeit nicht erreicht“, so der Text.
An der Erklärung, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz unterzeichnet haben, haben Kolleginnen und Kollegen u.a. des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, der HU Berlin, der ETH Zürich und der Universität Bern gearbeitet, darunter auch Mitautorinnen und Mitautoren von IPCC-Berichten. Ähnliche wissenschaftliche Stellungnahmen wurden bereits in anderen Ländern veröffentlicht.
We are happy to announce Dennis Gaus and Jana Hamdan (both GC class 2017) as the new GC Student Representatives in 2019!
We thank Felicitas and Daniel for their excellent work last year and look forward to a continued great collaboration with the new representatives.
The two Student Representatives serve as spokespersons for the doctoral students. They facilitate communication between the GC staff and the students, as well as organize student events.
Every doctoral student is entitled to nominate and vote for two candidates, with elections held once a year.
DIW-Präsident Marcel Fratzscher äußert sich zu den heutigen Änkündigungen der Europäischen Zentralbank:
Die EZB und ihr Präsident Draghi haben heute ein überraschend klares Warnsignal gesendet: Die Wirtschaft des Euroraums schwächt sich merklich ab, die Risiken werden größer. Folglich macht die EZB die Geldpolitik nochmals expansiver. Ich halte diese Entscheidung für klug und notwendig, um die drohende wirtschaftliche Abkühlung etwas abmildern zu können. Die Bekanntgabe eines neuen Kreditprogramms (TLTRO-III) kommt früher und ist deutlich expansiver als erwartet. Ich erwarte, dass sich die EZB nur bei einer weiteren wirtschaftlichen Abkühlung durch eine sogenannte "forward guidance" auf einen Zinspfad festlegt. Die Geldpolitik der EZB wird deutlich länger expansiv bleiben müssen, als dies in der deutschen Öffentlichkeit noch immer wahrgenommen wird. Ich sehe einen Zinsanstieg frühestens Ende 2020. Meine größte Sorge ist die noch immer unzureichende Verankerung der Inflationserwartungen, sodass die Preisstabilität wohl frühestens Ende 2020 wieder erreicht wird.Zusammen mit seinen Co-AutorInnen Marina Hagen and Reinhard Schunck hat Marco Giesselmann den Advances in Life Course Research Young Scholar Award für den Aufsatz “Motherhood and mental well-being in Germany: Linking a longitudinal life course design and the gender perspective on motherhood” erhalten.
Der Gewinneraufsatz ist frei erhältlich!
DIW-Studie nimmt Lohnlücke in einzelnen Berufen unter die Lupe – In Berufen, in denen lange Arbeitszeiten einen hohen Stellenwert haben und überproportional entlohnt werden, sind Gender Pay Gaps größer – Weitere Studie widmet sich dem Gender Care Gap: Frauen erledigen immer noch Großteil der Hausarbeit und Kinderbetreuung
Frau Zucco, wie groß ist die Verdienstlücke zwischen Männern und Frauen, also der so genannte Gender Pay Gap, in Deutschland?
Beim sogenannten Gender Pay Gap unterscheiden wir den bereinigten und den unbereinigten Gender Pay Gap. Der unbereinigte Gender Pay Gap liegt momentan in Deutschland bei 21 Prozent. Der bereinigte Gender Pay Gap, der auch unterschiedliche Berufserfahrungen oder Qualifikationen berücksichtigt, liegt bei sechs Prozent. [...]Bundeswirtschaftsminister Altmaier hat mit seiner „Nationalen Industriestrategie 2030“ viel Widerspruch geerntet. Die damit ausgelöste Debatte ist aber willkommen und längst überfällig. Denn in einer immer globalisierteren und gleichzeitig durch immer weniger Multilateralismus geprägten Welt stellen sich viele wichtige Fragen. Aber statt mehr Protektionismus und staatlicher Eingriffe, sind mehr Wettbewerb, Innovation und eine Stärkung des europäischen Binnenmarkts die richtigen Antworten.
Eine kritische Bestandsaufnahme zeigt, dass Deutschland und Europa in wichtigen Zukunftsbereichen abgehängt sind. In vielen neuen Technologiebereichen geben US-amerikanische und zunehmend asiatische Unternehmen den Takt an. Die Produkte und Geschäftsmodelle vieler Zukunftstechnologien, insbesondere in Plattformmärkten, bedeuten, dass nur große Unternehmen mit globaler Reichweite erfolgreich sein können und zudem Märkte mit nur wenigen Wettbewerbern entstehen. Europa braucht Champions in diesen Märkten, damit Produktivität und Wertschöpfungsketten mit guten Jobs auch in Europa entstehen können. Strittig ist, wie diese Champions entstehen sollen.
Die vielleicht noch wichtigere Frage lautet: Welche Industriepolitik müssen Europa und Deutschland betreiben, um im Systemwettbewerb mit China und den USA bestehen zu können? Denn vor allem China spielt nach anderen Regeln, die wir Europäerinnen und Europäer als unfair empfinden mögen. Eigentumsrechte, Datenschutz, ethische Grundsätze, Produktionsstandards und Konsumentenschutz haben dort einen viel geringeren Stellenwert als bei uns. Auch in den USA gelten andere Regeln und Standards, wie die TTIP-Verhandlungen und die Aufregung um Chlorhühnchen gezeigt haben. Die wettbewerbspolitischen Regeln wurden dort in den vergangenen Jahren weniger konsequent durchgesetzt als in Europa, was teilweise in einer höheren Marktkonzentration resultiert, siehe Google oder Facebook.
Wie kann Europa diesen Systemwettbewerb erfolgreich bestehen? Die kurze Antwort ist: nicht mit mehr Protektionismus und auch nicht, indem Europa die eigenen Stärken und Grundsätze aufgibt und sich den anderen anpasst. So will die Industriestrategie der Bundesregierung bestehende, große Unternehmen beschützen, den Wettbewerb beschneiden, Wertschöpfungsketten nationalisieren und einen fixen Industrieanteil an der Wertschöpfung festlegen. Die Politik soll in Zukunft ein Veto bei Unternehmensfusionen haben.
All dies würde sich im besten Falle als ineffektiv herausstellen, könnte sogar kontraproduktiv sein. Denn es würde unser Wirtschaftsmodell grundlegend verändern und die großen Erfolge deutscher Exportunternehmen gefährden. Gerade das deutsche Modell basiert stark auf hoch wettbewerbsfähigen, innovativen mittelständischen Unternehmen, die über die Jahrzehnte Dutzende von „hidden champions“ hervorgebracht haben und von einer solchen Industriestrategie bedroht wären.
Wie sieht eine erfolgreiche Industriestrategie der Zukunft aus? Fünf Elemente sind entscheidend. Erstens muss ein wirklich pan-europäischer Markt geschaffen werden, der denen der USA und China in Größe und Leistungsfähigkeit in nichts nachsteht. Dies erfordert dringend eine Vollendung des europäischen Binnenmarktes für Dienstleistungen sowie des digitalen Binnenmarktes. Es ist richtig, dass amerikanische und chinesische Unternehmen sehr stark von großen nationalen Märkten profitieren. Gerade deshalb kann die richtige Antwort nicht eine nationale, rein deutsche Industriestrategie sein, sondern eine Vereinheitlichung von Standards und Regeln in der EU, sodass ein Berliner Start-Up eben nicht nur den (kleinen) deutschen Markt, sondern einen großen europäischen Markt hat, um sich zu etablieren.
Zum zweiten brauchen wir eine europäische Kapitalmarktunion, in der Unternehmen Risiken diversifizieren können und Zugang zu günstiger Finanzierung haben. Hierzu gehört eine Vereinheitlichung von steuerlichen Rahmenbedingungen und eine Aufhebung der Schlechterstellung von Eigenkapital gegenüber Fremdkapital. Innovation ist mit enormen finanziellen und unternehmerischen Risiken verbunden. Zukunftsunternehmen werden nur dann in Europa entstehen, wenn sich dieses Risiko auch lohnt.
Anstelle seinen eigenen Markt abzuschotten, muss Europa drittens die USA und China dazu bringen, gemeinsame Regeln zu entwickeln und anzuwenden. Die EU gewährt chinesischen und US-amerikanischen Unternehmen leichter Zugang zum EU-Binnenmarkt, als es diese beiden Länder mit europäischen Unternehmen tun. Die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hat dies oft genug bemängelt, diese Woche hat der französische Präsident Emmanuel Macron diesen Missstand aufgegriffen.
Vestager fordert richtigerweise, dass die EU konsequenter als bisher auf Symmetrie pocht und Zugang zu ihrem Markt nur dann gewährt, wenn man sich auf gemeinsame Spielregeln einig wird. Nur so kann die EU langfristig ihr Wirtschaftsmodell schützen und global erfolgreich bleiben. Die EU muss ihre Handelspolitik, öffentliche Ausschreibungen, Direktinvestitionen und Regulierung dafür konsequenter nutzen.
Grundlagenforschung muss gestärkt werden
Ein viertes Element sind öffentliche Investitionen in Forschung und Entwicklung, insbesondere in der Grundlageforschung. Hier hat es sich als durchaus erfolgreich erwiesen, vor allem auf private Innovationen zu setzen. Gleichzeitig müssen deutlich mehr öffentliche Investitionen in Innovation fließen, und zwar so, dass sie nicht zu Mitnahmeeffekten führen, sondern einen möglichst breiten Impuls für große und kleine Unternehmen in ganz Europa setzen.
Eine kluge öffentliche Innovationspolitik fördert die Grundlagenforschung erheblich stärker als bisher, indem sie exzellente Institutionen an Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen hervorbringt, so wie dies in den USA und zunehmend in China der Fall ist. Zudem kann der Staat die Stärkung von regionalen Technologieclustern fördern, wo öffentliche und private Einrichtungen voneinander profitieren. Das ist beispielsweise im Mikroelektronik-Cluster „Silicon Saxony“ gelungen.
Das fünfte, vielleicht problematischste Element ist, wie der Staat mit sogenannten Schlüsselindustrien umgehen soll. Sektoren als systemisch relevant für die Zukunft zu identifizieren und zu fördern, ist eine gefährliche Strategie. Während sie in wenigen Fällen - Stichwort Airbus — aufgehen kann, weiß der Staat eben häufig nicht, welche Sektoren und Unternehmen erfolgreich sein werden. Die Gewinner stehen meist am Ende eines Marktprozesses fest, ohne dass man dies hätte voraussagen können.
Der Staat kann aber durchaus eine gewisse Technologie durch wettbewerbsorientierte Mechanismen fördern. Eine „öffentliche Beschaffung von Innovationen“ – etwa bei der vor-kommerziellen Auftragsvergabe für innovative Projekte in gesellschaftlichen relevanten Bereichen (z.B. grüne Technologien oder im Gesundheitswesen) – könnte hierbei ein zielführendes Instrument sein.
Das europäische Modell ist ein Zukunftsmodell
Die Diskussion um eine europäische Industriestrategie ist wichtig und zeitgemäß. Denn Europa wird in wichtigen Zukunftstechnologien immer stärker abgehängt. Das europäische Modell, das hohen Wert auf Wettbewerb, Dezentralisierung und private Innovation legt, ist nicht nur die Grundlage unseres wirtschaftlichen Wohlstands, es ist auch ein Zukunftsmodell.
Deshalb darf die europäische Antwort auf den Systemwettbewerb mit China und den USA nicht eine Abkehr von diesem Modell und eine Wendung hin zu Protektionismus sein. Mehr Multilateralismus durch eine Verhandlung auf Augenhöhe mit China und den USA, eine stärkere Integration und Vollendung des Binnenmarkts in Europa, eine konsequent durchgesetzte Wettbewerbspolitik und eine kluge Innovationspolitik sind die richtigen Antwort in einer immer globaleren, technologiegetriebenen Welt.
Der Gastbeitrag von Tomaso Duso und Marcel Fratzscher ist am 5. März 2019 im "Der Tagesspiegel" erschienen.
Viele Chefs wehren sich gegen Homeoffice. Dabei kann es Bewegung in die Betriebe bringen - doch das wird offenbar gescheut.
Letzte Woche sickerten an die Presse Planungen der SPD für eine Gesetzesinitiative durch, mit der abhängig Beschäftige ein Recht auf Homeoffice verschafft werden soll. Eigentlich sollte die Gesetzesinitiative unnötig sein, denn Homeoffice bietet allseits nur Vorteile. Die abhängig Beschäftigten erhalten mehr Zeitautonomie und ersparen sich das oft zeitaufwendige und stressige Pendeln zum betrieblichen Arbeitsplatz. Das entlastet den Verkehr. Der Arbeitgeberseite eröffnen sich günstige Möglichkeiten, Produktivitätspotentiale zu erschließen.
Natürlich kann nicht jede Tätigkeit von zu Hause ausgeübt werden. Aber bei immerhin etwa 40 Prozent der Jobs wäre eine Tätigkeit von zu Hause aus möglich – zumindest gelegentlich. Tatsächlich arbeiten aber in Deutschland nur zwölf Prozent der Beschäftigten auch von zu Hause aus. Warum hat trotz der Vorteile nicht längst der Markt für eine stärkere Verbreitung gesorgt? Liegt hier „Marktversagen“ vor? Aber was ist der Markt? Er ist keine Zauberkraft, der die Menschen lenkt. Der Markt sind vielmehr die Menschen selbst und ihr Handeln. Es sind folglich immer bestimmte Interessen, Ziele und Rationalitäten im Spiel, die in der Summe keineswegs stets das bestmögliche Ergebnis für alle hervorbringen müssen.
Von denjenigen Beschäftigten, bei denen Homeoffice möglich wäre, aber bisher nicht praktiziert wird, weiß man, dass ein Drittel gar keine Berufstätigkeit von zu Hause aus will. Über deren Motive kann nur spekuliert werden. Vielleicht wollen sie Berufsarbeit und Freizeit strikt trennen. Vielleicht spielt auch eine Rolle, dass man den täglichen Kontakt zu Kollegen und Kolleginnen braucht; der Betrieb würde als ein kommunikativer Ort angesehen.
Ein Argument: Das war schon immer so!
Es liegt aber hauptsächlich an der Arbeitgeberseite, dass Berufstätigkeit noch wenig zu Hause ausgeübt wird. Über die Motive der Arbeitgeber hat der Bitkom, der Unternehmerverband der Digitalwirtschaft, versucht Klarheit zu gewinnen. Zwar wird einer jüngst veröffentlichten Umfrage zufolge unter den Mitgliedsfirmen relativ häufig und in zunehmenden Maße Heimarbeit zugelassen. Gleichwohl: Etwa 60 Prozent der Unternehmen sträuben sich dagegen. Von diesen gaben zwei Drittel an, dass Homeoffice nicht für alle Beschäftigten in Frage käme und im Sinne einer Gleichbehandlung deshalb niemand zu Hause arbeiten darf. Auf den ersten Blick scheint in diesen Unternehmen der Kommunismus eingezogen zu sein. Das wird aber gewiss nicht so sein, denn beim Einkommen dürfte es mit der Gleichbehandlung vorbei sein, denn der Chef verdient bestimmt mehr als die Sekretärin. Offenkundig wurde also nur ein Argument vorgeschoben.
Ein weiterer, von 55 Prozent der entsprechenden Unternehmen genannter Grund ist, dass Homeoffice „nicht vorgesehen“ sei. Das erinnert an den Beamtendreisatz der k. u. k. Monarchie: Erstens war es schon immer so, zweitens könnt‘ ja jeder kommen und drittens kann man da nichts machen. Ein weiteres vorgeschobenes Argument – aber interessant, wie manche Verantwortlichen in der deutschen Digitalwirtschaft denken. Häufig genannt wurde auch noch, dass ohne direkten Austausch mit den Kollegen die Produktivität sinken würden und dass die Mitarbeiter nicht jederzeit ansprechbar seien. Auch das muss Staunen auslösen, denn warum sollten gerade in dieser Branche moderne Kommunikationstechniken nicht bekannt sein.
Von einem Drittel der skeptischen Unternehmen wurde noch angeführt, dass die Arbeitszeit bei Heimarbeit schwer zu kontrollieren sei. Dieses Argument hat tatsächlich Gewicht. Denn natürlich kann die Leistung nicht mehr daran gemessen werden, wie lange die Beschäftigten im Büro sind. Stattdessen müssen für die Heimarbeit konkrete Aufgaben definiert werden. Das verlangt von den Vorgesetzten mehr Anstrengung – und wird manche von ihnen aus dem gewohnten Trott bringen. Wahrscheinlich wird eine Umorientierung bei der Leistungsbemessung auch unnütze Tätigkeiten oder betrieblichen Leerlauf aufdecken. Home-Office kann Bewegung in die Betriebe bringen, und das wird offenbar gescheut. Solche Bequemlichkeit ist auch eine Art von Rationalität – aber eine, die der modernen Arbeitswelt immer weniger gerecht wird.
Der Gastbeitrag von Karl Brenke ist am 5. März 2019 im "Der Tagesspiegel" erschienen.
Gemeinsame Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Heinz und Heide Dürr Stiftung
Bildungs- und Familienforscherinnen des DIW Berlin beleuchten in einer aktuellen Studie, die von der Heinz und Heide Dürr Stiftung gefördert wurde, die Weiterentwicklung von Kindertageseinrichtungen zu Zentren für Familien mit spezifischen eltern- und familienorientierten Angeboten
Leistungen von Kindertageseinrichtungen gezielt mit eltern- und familienorientierten Angeboten und Dienstleistungen verknüpfen, beispielsweise Hilfe in Erziehungsfragen, Sprachförderung oder Gesundheitsangebote: Das ist der Grundgedanke von Zentren für Familien. Sie adressieren gezielt Kinder und Eltern, also die Familie als Ganzes, und können damit hohe Wirkungen für Kinder, Eltern, Familien und die Gesellschaft erzielen. Dabei geht es um die Entwicklung von Kindern und die Unterstützung von Familien. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die von der Heinz und Heide Dürr Stiftung gefördert wurde, hat das Potential solcher Zentren unter die Lupe genommen. Die zentralen Erkenntnisse: Mit Blick auf die sich wandelnden und immer heterogeneren Bedarfe von Familien – beispielsweise sind immer öfter beide Elternteile erwerbstätig oder wünschen sich dies – und ihr Potential sind Zentren für Familien ein vielversprechender Ansatz. Eine Initiative des Bundes, die die Länder und Kommunen einbezieht, könnte das Potential der Zentren heben.
Im Februar hat sich das Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) spürbar erholt, bleibt mit etwa 99 Punkten aber noch knapp unter der 100-Punkte-Schwelle, die für einen durchschnittlichen Anstieg der Wirtschaftsleistung steht. „Das konjunkturelle Bild ist nicht so trüb, wie es zuletzt häufig gezeichnet wurde“, sagt DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen. „Eine Rezession droht nicht. Schon allein wegen der Einkommensspritze, die die Regierung den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zum Jahresbeginn verpasst hat, dürfte der Jahresauftakt kräftig ausfallen.“ Die Zeiten der Hochkonjunktur seien jedoch vorbei, künftig werde sich die Wirtschaft etwas gemächlicher entwickeln. Im ersten Vierteljahr dürfte die deutsche Wirtschaft im Vergleich zum Vorquartal um ein halbes Prozent wachsen, angesichts vieler globaler Risiken – etwa die mit dem Brexit und drohenden Handelskonflikten verbundenen Unsicherheiten – und einer sich graduell abschwächenden Auslandsnachfrage dann aber an Fahrt verlieren.
Italiens Wirtschaftsleistung noch immer unter Vorkrisenniveau – Gründe dafür sind Schwächen im produzierenden Gewerbe, kleinteilige Wirtschaftsstruktur und Stagnation in Zukunftsbranchen – Gezielte Investitionen in Kombination mit der Fortsetzung der Strukturreformen können Abhilfe schaffen
Italien ist durch den jüngsten Haushaltsstreit mit Brüssel wieder in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerutscht. Das Land hat trotz Sparmaßnahmen und einiger Strukturreformen im Unterschied zu Spanien oder Portugal nicht den Sprung aus der Krise geschafft. Warum zehn Jahre nach der Finanz- und Wirtschaftskrise die Wirtschaftsleistung in Italien immer noch schwach ist, warum sich sowohl die Beschäftigung als auch das Pro-Kopf-Einkommen unterdurchschnittlich entwickeln und wie dem Land zu helfen wäre, hat eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) untersucht.
Herr Kritikos, Italien wurde wie viele andere Länder von der Finanz- und Staatsschuldenkrise hart getroffen. Wie hat sich die italienische Wirtschaft seitdem entwickelt?
Die italienische Wirtschaft hat im Unterschied zu den meisten EU-Staaten bis heute ihr Vorkrisenniveau nicht wieder erreicht. Das Bruttoinlandsprodukt liegt immer noch unterhalb des Niveaus aus dem Jahr 2008, gleichzeitig hat sich die Beschäftigung in der gewerblichen Wirtschaft stark negativ entwickelt. [...]Bis zu 6 Jahren nach der Geburt des ersten Kindes schlafen Mütter und Väter weniger und schlechter als vor der Schwangerschaft. Vor allem in den ersten 3 Monaten nach der Geburt leidet ihre Nachtruhe. Das belegt eine Studie auf Basis der Daten der für Deutschland repräsentativen Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) am DIW Berlin, die Forschende des DIW Berlin gemeinsam mit WissenschaftlerInnen aus Großbritannien und den USA erstellt haben. Die Studie ist die erste repräsentative Studie zu diesem Thema und wurde kürzlich in der Fachzeitschrift SLEEP veröffentlicht.
Claudia Kemfert, Energieökonomin am DIW Berlin, hat gemeinsam mit der Technischen Universität Lappeenranta (Finnland) untersucht, wie durch flexible Stromerzeugung, einen verbesserten Austausch zwischen den Stromnetzen und entsprechenden Speicherkapazitäten ein Übergang zu einem Energiesystem in Europa mit 100 Prozent erneuerbaren Energien ermöglicht werden kann.
Die Ergebnisse kommentiert Claudia Kemfert: „Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass der Umstieg hin zu einer Vollversorgung mit erneuerbaren Energien nicht nur möglich ist, sondern die Wirtschaft stärkt, Innovationen und technologische Vorteile hervorbringt. Wichtig sind die Rahmenbedingungen, die Europa setzen muss, damit der Anteil erneuerbarer Energien schnell wachsen kann und nicht weiter ausgebremst werden. Jedes Land sollte den Umstieg hin zu einer Vollversorgung mit erneuerbaren Energien so schnell wie möglich voranbringen. Zudem zeigt die Studie, dass die dezentrale erneuerbare Energieversorgung mit Solarenergie und Batteriespeicherung (Prosumage) den Bedarf an Hochspannungsleitungen vermindern kann.“
Die vollständige Pressemitteilung der TU Lappeenranta und die Studie finden Sie hier: "A SuperSmart energy system can ensure an economically competitive transition towards sustainability for a European Energy Union"