Herr Schupp, wie groß ist die Ablehnung, beziehungsweise die Befürwortung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Deutschland?
Wenn man die Fehlerintervalle mit berücksichtigt, schwankt die Anzahl der Personen, die einer solchen Idee zugeneigt sind, in einem Korridor von 45 bis 52 Prozent. Vor dem Hintergrund, dass die Schweiz im Jahr 2016 eine Volksabstimmung zum Grundeinkommen durchgeführt hat, bei der lediglich 26 Prozent der Idee zugestimmt haben, überrascht es dann schon, dass in Deutschland offensichtlich so viele Menschen dieser Idee grundsätzlich zustimmen. [...]
Um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken, soll die Forschung von Unternehmen künftig auch steuerlich gefördert werden. So hat es die Regierung im Koalitionsvertrag festgelegt und arbeitet derzeit an einer entsprechenden Gesetzesvorlage. Dennoch bestehen weiterhin Zweifel, sowohl an der Notwendigkeit einer steuerlichen Förderung als auch an ihrer Eignung gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).
Deutschland ist zwar inzwischen eines der wenigen Länder, in denen es keine steuerliche Forschungsförderung gibt. Dennoch sind die privaten Forschungsinvestitionen in Relation zum Bruttoinlandsprodukt höher als in den USA, Frankreich und Großbritannien. Kleine forschungsstarke Länder wie die Schweiz, Schweden und Österreich haben eine deutlich geringere private Forschungsintensität als Baden-Württemberg und Bayern. Im Jahr 2017 sind die Forschungsausgaben der Unternehmen in Deutschland um sagenhafte 9,3 Prozent gestiegen. Eine zusätzliche breite steuerliche Forschungsförderung erscheint auf dieser Grundlage nicht notwendig. [...]
Gestern, 08. April, hat sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue zu einem Gespräch mit deutschen und französischen Ökonominnen und Ökonomen getroffen, darunter Marcel Fratzscher, Präsident des DIW Berlin. Thema waren die deutsch-französischen Reformvorschläge zur Vertiefung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, die eine Gruppe von 14 Ökonominnen und Ökonomen aus Deutschland und Frankreich im vergangenen Jahr vorlegte. Deren Umsetzung würde den Euroraum robuster und krisenresistenter machen, für solidere Staatsfinanzen sorgen und mehr Wirtschaftswachstum ermöglichen.
„Wenn die Währungsunion ihr Wohlstandsversprechen halten und für zukünftige Krisen gewappnet sein will, sind Reformen im Euroraum dringend geboten. Dies gilt umso mehr angesichts der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten.“, so Marcel Fratzscher. „Daher haben wir begrenzte und realistische Maßnahmen vorgeschlagen, die aber das Potential haben, sehr effektiv zu sein.“
Die Autorinnen und Autoren der Vorschläge sind Agnès Bénassy-Quéré (Paris School of Economics und Université Paris 1), Markus Brunnermeier (Princeton University), Henrik Enderlein (Hertie School of Governance und Jacques Delors Institut Berlin), Emmanuel Farhi (Harvard University), Marcel Fratzscher (DIW und Humboldt Universität Berlin), Clemens Fuest (ifo Institut und Universität München), Pierre-Olivier Gourinchas (University of California at Berkeley), Philippe Martin (Sciences Po und Conseil d'Analyse Économique), Jean Pisani-Ferry (Bruegel, EUI, Hertie School of Governance und Sciences Po), Hélène Rey (London Business School), Isabel Schnabel (Universität Bonn und Sachverständigenrat zur Begutachtung des gesamtwirtschaftlichen Entwicklung), Nicolas Véron (Bruegel und Peterson Institute for International Economics), Beatrice Weder di Mauro (INSEAD und Universität Mainz) und Jeromin Zettelmeyer (Peterson Institute for International Economics). Alle Autorinnen und Autoren haben sich im eigenen Namen beteiligt.
Seit 1. April unterstützt Hans Walter Steinhauer das SOEP-Team im Bereich Surveymethodik und –management.
Hans wird den Bereich bei Themen der Stichprobenziehung, Gewichtung und Imputation unterstützen. Hierbei wird er Erfahrungen aus dem Nationalen Bildungspanel (NEPS) sowie weiteren Studien des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe einbringen. Hans ist promovierter Survey-Statistiker mit Forschungsschwerpunkten in den Bereichen Item- und Unit-Nonresponse sowie Panelattrition.
Pressemitteilung der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle, ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München in Kooperation mit der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich, Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel), RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Kooperation mit dem Institut für Höhere Studien Wien
Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum im Jahr 2019 deutlich gesenkt. Für Deutschland erwarten sie eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts um 0,8 Prozent. Das ist mehr als ein Prozentpunkt weniger als im Herbst 2018, als man noch mit 1,9 Prozent rechnete. Hingegen bestätigen die Institute ihre vorherige Prognose für das Jahr 2020: Das Bruttoinlandsprodukt dürfte dann um 1,8 Prozent zunehmen. Das geht aus dem Frühjahrsgutachten der Gemeinschaftsdiagnose hervor, das am Donnerstag in Berlin vorgestellt wird.
Anteil der Niedriglohnbeschäftigten stagniert seit 2008 bei etwa einem Viertel – Rund neun Millionen Beschäftigungsverhältnisse mit Niedriglöhnen, inklusive Nebentätigkeiten – Besonders junge Erwachsene, Frauen, MigrantInnen und Ostdeutsche erhalten überdurchschnittlich häufig Niedriglöhne – Neue Minijobregelungen, bessere Qualifizierung und offensivere Lohnpolitik können helfen, den Niedriglohnsektor einzudämmen
DIW Berlin untersucht die Auswirkungen der Reform auf die Erwerbstätigkeit von Frauen und zieht eine gemischte Bilanz
Die Abschaffung der Altersrente für Frauen für die Geburtsjahrgänge ab 1952 hat zur Folge, dass mehr Frauen über 60 erwerbstätig bleiben. Auf der anderen Seite bleiben durch die Erhöhung der Altersgrenze jetzt auch mehr Frauen dieser Altersgruppe längere Zeit arbeitslos oder beruflich inaktiv. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zieht deshalb eine gemischte Bilanz der Reform. „Viele berufstätige Frauen haben Ihren Rentenzugang verschoben. Insofern war die Reform erfolgreich: Erwerbstätige Frauen bleiben länger erwerbstätig“, sagt Studienautor Johannes Geyer. Für arbeitslose oder nichterwerbstätige Frauen verlängere sich dagegen nur die Zeit bis zum Renteneintritt ohne eine Chance auf Wiederbeschäftigung. Bei künftigen Reformen der Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung sollte daher auf eine längere Anpassungszeit geachtet werden und die berufliche Wiedereingliederung von älteren Menschen mehr im Mittelpunkt stehen.
Der Verkehrssektor ist derzeit für etwa ein Fünftel der Treibhausgasemissionen Deutschlands verantwortlich. Während in anderen Sektoren seit 1990 zum Teil deutliche Emissionsminderungen erzielt wurden, sind die Emissionen des Verkehrs im gleichen Zeitraum leicht angestiegen. Der größte Teil der Treibhausgasemissionen stammt dabei aus dem Straßenverkehr.
Der Direktor des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und Vorstandsmitglied im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin Professor Stefan Liebig tritt am 1. April 2019 eine Professur für empirische Sozialstrukturanalyse an der Freien Universität Berlin an. Stefan Liebig wurde gemeinsam von der Freien Universität und dem DIW Berlin berufen.
Das DIW Berlin erstellt gemeinsam mit der EEFA GmbH jedes Jahr die Energiebilanzen für die Bundesrepublik Deutschland. Diese Energiebilanzen werden von der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V. veröffentlicht, der das DIW Berlin angehört.
2018 ist der Energieverbrauch in Deutschland auf den niedrigsten Stand seit Anfang der 1970er Jahre gefallen. Mit einer Gesamthöhe von 12.963 Petajoule (PJ) oder 442,3 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE) lag der Verbrauch zudem um 3,5 Prozent niedriger als im Vorjahr. Verantwortlich für diese Entwicklung sind, wie die Arbeitsgemeinschaft in ihrem jetzt veröffentlichten Jahresbericht 2018 ausführt, die deutlich gestiegenen Energiepreise, die mildere Witterung sowie ein starker Anstieg der Energieproduktivität. Die verbrauchssteigernden Faktoren Wirtschaftsentwicklung und Bevölkerungszuwachs traten dagegen in den Hintergrund. Ohne den verbrauchsmindernden Einfluss der milden Witterung wäre der Energieverbrauch nach Berechnungen der AG Energiebilanzen um 2,4 Prozent gesunken.
Die Energiebilanzen bieten eine Übersicht der energiewirtschaftlichen Verflechtungen. Sie erlauben damit nicht nur Aussagen über den Verbrauch von Energieträgern in den einzelnen Sektoren, sondern geben ebenso Auskunft über ihren Fluss von der Erzeugung bis zur Verwendung in den unterschiedlichen Erzeugungs-, Umwandlungs- und Verbrauchsbereichen.
Die Energiebilanzen sind auf den Internetseiten der AG Energiebilanzen e.V. zu finden, die Pressemitteilung hierzu finden ebenfalls dort.
Die zum 1. April 1999 eingeführte ökologische Steuerreform sorgt bis heute für niedrigere Rentenbeiträge und höhere Rentenbezüge – Umweltpolitisch war sie hingegen kein Erfolg, die beabsichtigte Lenkungswirkung ist ausgeblieben – Notwendig ist eine Reform, die CO2 angemessen bepreist und einkommensschwache Haushalte entlastet
Eine mögliche Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank steht seit einigen Monaten im Raum. Jüngst haben beide Geldhäuser die Aufnahme von Gesprächen öffentlich gemacht. Vor dem Hintergrund der geringen Profitabilität und internationalen Bedeutung deutscher Banken wird die Debatte bislang vor allem betriebswirtschaftlich und politisch geführt. Aber welche gesamtwirtschaftlichen Risiken und Chancen bringen Fusionen großer Banken mit sich?
In Deutschland sind verschiedene Energieträger derzeit unterschiedlich stark mit Abgaben und Umlagen belastet. Dies gilt sowohl in Bezug auf den Energiegehalt als auch auf die mit der Nutzung verbundenen CO2-Emissionen. Dieses Roundup gibt einen systematischen Überblick über bestehende Vorschläge zur Umgestaltung der Belastungen. Sie zielen meist darauf ab, Strom günstiger zu machen und Heiz- und Kraftstoffe zu verteuern. Dabei werden auch die Motive für mögliche Reformen sowie Kriterien zur Bewertung verschiedener Ausgestaltungsoptionen kurz diskutiert.
Italien hat vor lauter Kostendruck seinen Strukturwandel verschlafen.
von Alexander KritikosSeit Jahren begleiten Italien Forderungen nach einem Schuldenabbau. Frühere italienische Regierungen haben sie ernster genommen, als man häufig wahrhaben will. Die Regierungen Monti und Renzi haben das typische Werkzeug an Sparmaßnahmen umgesetzt: Steuererhöhungen, Einsparungen im öffentlichen Dienst und bei staatlichen Investitionen, Schuldenbremse und Privatisierungen. Ihnen gelang es auf diese Weise, als einzigem Land des Euroraums übrigens, seit vielen Jahren (mit Ausnahme von 2009) einen Primärüberschuss zu erzielen, also mehr Staatseinnahmen als Staatsausgaben vor Zinszahlungen zu realisieren.
Diese Maßnahmen mit dem Ziel, den mit der EU vereinbarten Schuldenabbau fortzusetzen, fruchteten seit dem Jahr 2007 nicht mehr. Die Staatsschuldenquote Italiens stieg von 100 Prozent im Jahr 2007 auf aktuell 132 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) an. Das lag zum einen an den hohen Zinsen, die das Land in den Jahren der europäischen Staatsschuldenkrise 2012 und 2013 zahlen musste.
Zum anderen, und das ist das größere Problem, ist das der negativen wirtschaftlichen Entwicklung Italiens geschuldet. Denn sein BIP verharrt seit mehr als zehn Jahren unterhalb des Vorkrisenniveaus. Ein rückläufiges BIP erhöht aber die Staatsschuldenquote automatisch. Gleichzeitig führt eine solche Stagnation naturgemäß zu steigender Arbeitslosigkeit, geringerer Beschäftigung und zu einer gefühlten Perspektivlosigkeit unter den Beschäftigten.
Diese negative Entwicklung ist im europäischen Kontext besorgniserregend. Italien ist als Nettozahler eine wichtige Stütze innerhalb der EU. Das italienische Wohlstandsniveau entfernt sich aber immer mehr von Ländern wie Frankreich oder Großbritannien, auf deren Niveau es einst lag, und nähert sich nunmehr Spanien an, das zuletzt im Gegensatz zu Italien positives Wachstum zu verzeichnen hat.
Die Quittung für die italienische Malaise haben die Wähler ihrer vorherigen Regierung letztes Jahr ausgestellt. Unzufrieden mit der Sparpolitik haben sie jene gewählt, die antieuropäische Ressentiments bedienen. Denn, so deren Narrativ, die Verantwortlichen für die misslungene Sparpolitik sitzen in Brüssel und Berlin.
Warum aber hat sich die italienische Wirtschaft in der vergangenen Dekade so schlecht entwickelt? Als Erstes fällt auf, dass die Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe und im Bau - den historischen Wachstumstreibern der italienischen Wirtschaft - in diesem Zeitraum um jeweils 700 000 Mitarbeitern eingebrochen ist.
Diese Wirtschaftszweige sind natürlich auch in anderen Ländern entweder rückläufig (wie etwa in Spanien) oder tragen zumindest nicht mehr so substanziell zum Wachstum bei. Aber im Gegensatz zu Deutschland und zu Spanien stagnieren in Italien auch die neuen Wachstumsbranchen, also die wissensintensiven Dienstleistungen, wie etwa die Informations- und Kommunikationstechnologien. Das Land hat offensichtlich den Strukturwandel verpasst.
Dreierlei Ursachen dürften dafür verantwortlich sein. Zum einen sind die Rahmenbedingungen für Investitionen in Italien wenig erbaulich. Gerichtsverfahren zur Durchsetzung von vertraglichen Ansprüchen sind äußerst langwierig, die Alltagsbürokratie ist mühselig, das Steuersystem wenig vorhersehbar und die Finanzierungsbedingungen sind schlecht.
Zum Zweiten benötigen vor allem junge Unternehmen in den wissensintensiven Dienstleistungen ein Innovationsumfeld, das sie bei ihren riskanten Ideen unterstützt, anstatt sie zu behindern. Dabei geht es nicht nur um die Finanzierung von Forschungs- und Entwicklung (F & E) sondern auch um das gesamte Umfeld, etwa die Zusammenarbeit zwischen Staat, Wirtschaft und Wissenschaft. Italien gibt nur 1,35 Prozent seines BIP für F & E aus - andere Länder der EU sind bei drei Prozent und mehr angekommen, und bei vielen Analysen der Innovationssysteme rangiert Italien auf den hinteren europäischen Plätzen.
Zentrale dritte Voraussetzung gerade für die wissensintensiven Dienstleistungen ist eine gute Vorbereitung auf die Digitalisierung. In Italien gibt es aber - im Gegensatz zu Spanien - nur wenige digitale staatliche Dienstleistungen, die digitale Infrastruktur ist nur bruchstückhaft vorhanden, und die Integration von digitalen Technologien in den unternehmerischen Alltag erfolgt dort kaum.
Das macht deutlich, dass investitionshemmende regulatorische Rahmenbedingungen den Transformationsprozess von einer produktions- in eine wissensgetriebene Ökonomie behindert haben. Da ist es kein Wunder, dass viele italienische Innovatoren, die diesen Prozess in Italien hätten vorantreiben können, in Länder ausgewandert sind, in denen diese Rahmenbedingungen besser sind - in die USA oder die Schweiz.
Damit Italien wieder auf Wachstumskurs kommt, braucht es in erster Linie Strukturreformen. Die hat es in den vergangenen zehn Jahren gegeben, sie waren aber auf die Arbeitsmärkte konzentriert. Diese Reformen müssen in anderen Bereichen fortgesetzt werden, zuvorderst in der Justiz, im Steuerwesen, im Abbau von Alltagsbürokratie und in verbesserten Rahmenbedingungen für schnell wachsende Unternehmen. Gleichzeitig bedarf es einer Erhöhung der staatlichen Investitionen, etwa in F & E, in die digitale und analoge Infrastruktur.
Wie soll das finanziert werden? Natürlich ist jedem bewusst, dass Italiens Ausgabengebaren unter Beobachtung steht. Nun hat die aktuelle italienische Regierung eine Erhöhung der Staatsausgaben angekündigt. Die Zinsen für italienische Staatsanleihen sind kaum angestiegen, obwohl diese Regierung überhaupt nicht investieren, sondern den Spielraum für Umverteilungsmaßnahmen nutzen will. Da muss sich die EU-Kommission die Frage gefallen lassen, ob die gegenüber Italien eingeforderte Politik des Dauersparens wirklich die beste Lösung war und ist. Dieser jetzt für die Frühverrentung ausgehandelte Spielraum wäre wohl weit besser für Investitionen ausgegeben worden. In Kombination mit weiteren Strukturreformen hätte das die mittlerweile stark sensibilisierten Investoren mehr erfreut. Dass eine solche Kombination fruchtet, kann man gerade am Beispiel Spaniens studieren, das genau diesen Ansatz verfolgt hat. Aber dieser Zug ist für Italien erst mal abgefahren.
Bleibt zu hoffen, dass man in Brüssel aus dieser Entwicklung lernt: Die Ausgestaltung eines Strukturwandels kann eher durch eine temporäre Erhöhung staatlicher Ausgaben als durch Sparen unterstützt werden, eine Erkenntnis, die in Deutschland seit den Hartz-Reformen gut bekannt ist.
Dieser Gastbeitrag von Alexander Kritikos ist am 25. März 2019 in der Süddeutschen Zeitung erschienen.
Studien untersuchen Auswirkungen der elterlichen Bildung auf die langfristige Lebenserwartung ihrer Kinder und psychische Gesundheit im Erwachsenenalter – Ziel sollte sein, Gesundheit unabhängiger von Bildung der Eltern zu machen – Quantitativer und qualitativer Ausbau von außerfamilialen Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten könnte helfen
Bildung wirkt sich nicht nur im Geldbeutel aus, sondern auch auf die Gesundheit. Das zeigen zwei neue Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekts zu nichtmonetären Erträgen von Bildung entstanden sind. Die Studien untersuchen, inwiefern die Gesundheit von Erwachsenen mit der Bildung der vorherigen Generation, also den Eltern, zusammenhängt – dabei geht es um die Auswirkungen der elterlichen Bildung auf die langfristige Lebenserwartung ihrer Kinder und auf die psychische Gesundheit im Erwachsenenalter.
Am Dienstag beginnt die Auktion der Frequenzen für den neuen Mobilfunkstandard 5G. Davon verspricht sich vor allem die Industrie einen Schub für die digitale Infrastruktur in Deutschland. Der Wettbewerbsökonom Tomaso Duso, Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), kommentiert die Entwicklung wie folgt:
Am Dienstag kann es endlich losgehen, nachdem das Kölner Verwaltungsgericht glücklicherweise die Eilanträge der drei großen Mobilfunkanbieter – Telekom, Vodafone und Telefonica – gegen die Bedingungen für die 5G-Auktion abgelehnt hat. Sie waren mit der letzten Revision der Regeln für die Vergabe der Frequenzen nicht einverstanden. Die Bundesnetzagentur hat darin vorgesehen, dass diejenigen Anbieter, die Netze in dünner besiedelten Gebieten bauen, verpflichtet sind, faire Verhandlungen mit den Wettbewerbern zu führen, um den Zugang zu deren Netzen zu gewährleisten. Zur Erinnerung: Diese Auflage ist niedriger als der reine Pflichtzugang. Dazu kommt aber auch die Auflage, einen Ausbau in der Fläche zu gewährleisten. Diese Verpflichtungen sind vernünftige Kompromisse, um eine effiziente Infrastruktur ohne unnötige Duplizierungskosten und gleichzeitig ausreichend Wettbewerb sicherzustellen. Klar können diese Verpflichtungen die Investitionsanreize möglicherweise reduzieren, jedoch haben die Anbieter immer noch die Möglichkeit, ihr Bieterverhalten entsprechend anzupassen. Auch wenn sie deswegen für die Frequenzen weniger zahlen wollen, muss die Politik dies in Kauf nehmen: Der Kompromiss hat seinen Preis. Andererseits ist nicht auszuschließen, dass die großen Drei genau wegen der Auflagen besonders aggressiv gegen den Neueinsteiger 1&1 Drillisch angehen, um ihn aus den Markt zu drängen. Das würde wiederum, die Preise für die Frequenzen nach oben ziehen. Auf alle Fälle ist es eine sehr gute Nachricht, dass die Vergabe beginnen kann. Denn besonders diese neue Technologie ist dringend notwendig, um die digitale Infrastruktur in Deutschland endlich voranzutreiben. Und nicht zu vergessen ist auch, dass ein schneller Start des 5G-Ausbaus sowieso in Gefahr ist, sollte der Netzwerkausrüster Huawei aus Sicherheitsgründen als Lieferant ausgeschlossen werden. Aber das ist erst das nächste Problem.Den heutigen Equal Pay Day, der auf den Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen aufmerksam macht, kommentiert Elke Holst, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Studies am DIW Berlin, wie folgt:
Durchschnittlich liegt der Gender Pay Gap bei 21 Prozent. Das entspricht 77 Tagen, die Frauen unentgeltlich arbeiteten, wenn sie ab dem 18. März den gleichen Bruttostundenverdienst bekämen wie Männer. Wie eine Studie des DIW Berlin kürzlich zeigte, ist diese Lücke nicht in allen Berufen gleich groß. So wäre der Equal Pay Day für Sprechstundenhelferinnen schon am 4. Januar erreicht, in dem von vielen Führungskräften ausgeübten Beruf Unternehmensorganisation und -strategie, hingegen erst nach 128 Tagen - das entspricht einem Drittel des Jahres. Gesellschaftliche Konventionen, Unternehmenskulturen und Geschlechterstereotype spielen hier eine große Rolle. Sie halten Frauen – aber nicht Männer – oft genug davon ab, ganz selbstverständlich eine gut bezahlte (Führungs-)Position anzustreben, Erwerbsunterbrechungen möglich kurz zu halten oder Vollzeit zu arbeiten - und Männer davon, mehr Teilzeit zu arbeiten und Familienarbeit zu leisten. Auch die Bundeskanzlerin hat sich kürzlich für Parität in Führungspositionen in Wissenschaft und Politik ausgesprochen. Um Augenhöhe in Machtpositionen und beim Verdienst zu erreichen sind jedoch mehr Frauen auf allen Hierarchieebenen und insbesondere in gut bezahlten hohen Positionen als Vorbilder notwendig – für Unternehmen, aber vor allem für junge Mädchen und Frauen. Denn das Ziel ist doch, dass Frauen und Männer gemeinsam am 1. Januar eines jeden Jahres den Equal Pay Day feiern!